Naturnahes Gärtnern
- Silvana Candreia
- vor 1 Tag
- 5 Min. Lesezeit
Jedes Jahr verliebe ich mich wieder neu ins Gärtnern. Was mir einmal als weit entfernter Traum erschienen war, ist nun mein Alltag. Bereits als Jugendliche träumte ich vom kleinen Häuschen am Waldrand mit Garten und Tieren. Und spätestens nachdem ich im Sommer 2019 in Griechenland war und dort das einfache Leben im Rhythmus der Natur kennenlernte, nistete sich ein ganz bestimmtes Bild von meinem zukünftigen Leben ein: Ich sah mich in einem wilden, üppigen Garten. Barfuss, eine Tasse Tee in der Hand und eine Katze zu Füssen. Ich träumte von Permakultur, Wildnis, Biodiversität und vor allem von Selbstversorgung. Damals wusste ich noch nicht, dass ich mir diesen Traum auch auf meinem Stadtbalkon ein Stück weit hätte erfüllen können.
Und nun lebe ich den Traum meines vergangenen Ichs. Ich pflege nicht nur einen Garten, sondern gleich drei Stücke Land. Letztes Jahr habe ich es tatsächlich geschafft, so viel Gemüse zu ernten, dass ich mich bis zum Frühling zu einem grossen Teil von meinem haltbar gemachten Gemüse ernähren konnte. Und meine Katze begleitet mich täglich im Garten. (Nur das barfuss Laufen klappt nicht so ganz, da mein Garten auch einige Ameisenkolonien beherbergt 😅.)
Meine Gärten wandeln sich mit jedem Jahr, das vergeht. Ein Beet kommt dazu. Neue Pflanzen werden angezogen. Büsche umgepflanzt. Letztjährige Misserfolge reflektiert und anders gemacht. Als roter Faden dient mir bei meiner Gartenarbeit das naturnahe Gärtnern, also eine Art des Gärtnerns, das sich an den Zyklen und Gestaltungsmöglichkeiten der Natur orientiert.

Vielleicht hast du auch einen eigenen Garten. Vielleicht ein paar Hochbeete in deinem Hinterhof. Und vielleicht sind es auch nur ein oder zwei Töpfe auf deinem Balkon. Naturnah Gärtnern kann ganz im Kleinen stattfinden, auf deinem Balkon oder sogar Fenstersims oder sich auch zu etwas Grossem wandeln, einem Waldgarten zum Beispiel. Nicht nur macht es einfach Freude, etwas wachsen zu lassen, das Gärtnern bietet auch einen wunderbaren nährstoffreichen Untergrund für ganz viel Lernmomente.
Durchs Gärtnern habe ich gelernt,...
🌱... dass nichts bleibt, wie es war und ich flexibel bleiben muss, um mich zu wandeln.
🌱... dass alles miteinander in Beziehung steht.
🌱... dass viele Wege nach Rom führen, sprich zu einem ertragreichen Garten, dass es in gewissen Bereich für mich jedoch tatsächlich darauf ankommt, wie ich dort hingelange und nicht jeder Weg sich für mich stimmig anfühlt.
🌱... dass ich starke Werte habe, die sich beim Gärtnern zeigen und die ich auch auf andere Lebensbereiche anwenden möchte.
"Einen Garten zu pflanzen, bedeutet an Morgen zu glauben."
⁓ Audrey Hepburn ⁓
Aber was ist denn nun naturnahes Gärtnern?
Beim naturnahen Gärtnern schauen wir, wie es der Name bereits verrät, in die Natur und kopieren ihre Abläufe. Wir versuchen kleine Ökosysteme zu schaffen, die ein Paradies für Biodiversität sein sollen und lass es mich dir schon vorab sagen: Biodiversität entsteht nicht durch schön in Reihen gepflanzte Monokulturen, so wie du es vielleicht in Nachbars Garten siehst. Ein naturnaher Garten ist wild! In ihm wachsen ganz viele unterschiedliche Pflanzen mit unterschiedlichem Nutzen. Ein naturnaher Garten ist nie leer und so viel wie möglich wird wiederverwertet. Im naturnahen Garten fühlen sich Insekten wohl und Würmer und Vögel und Mikroorganismen und wertvolle Bakterien. Und auch wenn dein Ziel der Anbau deines eigenen Essens ist, so kommt beim naturnahen Gärtnern noch ein weiteres Ziel hinzu: Eine biodiverse Oase zu schaffen für dich und für andere Lebewesen.
Ökologisches, naturnahes Gärtnern ist in Zeiten der Klimakrise wichtiger denn je und im Folgenden teile ich mit dir, wie du deinen Garten naturnah gestalten kannst.
Hinweis:
Dieser Artikel ist auf keinen Fall abschliessend. Ich teile hier nur Dinge, die ich selbst in meinem Garten implementiert habe. Du findest am Ende des Artikels eine Ressourcen-Liste und falls du dich noch tiefer mit dem Thema beschäftigen möchtest, empfehle ich dir, dich mit Polykultur, Permakultur und biodynamischem Gärtnern zu beschäftigen.
👩🏻🌾 Hast du noch weitere Tipps? Dann teile sie gerne in den Kommentaren! 👩🏻🌾

Varietät
Schauen wir auf einen Quadratmeter Land im Wald, dann sehen wir, dass da ganz viele verschiedene Pflanzen in einem wilden Durcheinander wachsen. Scheue dich nicht, deine Setzlinge näher zu pflanzen, als es auf dem Päckchen steht und sieh zu, dass in deinem Beet oder Topf viele verschiedene Pflanzen wachsen dürfen. Hierbei kannst du dich auch über Mischkulturen informieren. Gewisse Pflanzen unterstützen sich nämlich gegenseitig und andere kommen nicht so gut miteinander aus. Und das führt mich zum nächsten Punkt:
Misch- und Polykultur
Ich gärtnere schon lange mit Mischkulturen, d.h. ich schaue, welche Pflanzen sich gut miteinander vertragen oder sogar gegenseitig unterstützen, und pflanze diese dann nebeneinander ins Beet. Du findest Mischkultur-Tabellen z.B. hier. Dieses Jahr möchte ich jedoch noch einen Schritt weitergehen und die Polykultur in meinen Garten holen. Hierbei schaue ich zwar auch, welche Pflanzen sich gut miteinander vertragen, doch ich setze noch viele Pflanzen mehr ins Beet, so dass in einem Beet mindestens fünf verschiedene Pflanzen wachsen, gerne jedoch noch viel mehr. Auch hier ist wieder die Natur Vorbild. Die Pflanzen dürfen durcheinander wachsen, das Beet wild aussehen und vor allem darf es farbig sein. Denn etwas, das ich gerne tue, ist, Blumen überall dazwischen zu setzen. Das gibt ein wunderbar wild-farbiges Bild. (Wenn denn nicht die Schnecken zuvor kommen. 🫣)
No Dig
Falls du neue Beete anlegst, lohnt es sich diese nach der No Dig Methode zu gestalten. Dabei legst du einen ungebleichten und unbedruckte Karton auf ein Stück Rasen und füllst dein neues Beet mit einer Schicht Kompost Erde auf und schon bist du fertig und kannst mit dem Gärtnern loslegen! Bei dieser Methode lassen wir die Bodenschichten intakt und unterdrücken das Beikraut durch den Karton, der mit der Zeit kompostiert wird.
Diese Art von Beeten bleiben viele Jahre fast Beikraut-frei und alles, was du in den Folgejahren tun musst, ist sie mit ein wenig Kompost anzureichern und vielleicht den Boden mit einer Gabel ein wenig zu lockern. Wie es der Name jedoch sagt, graben wir mit dieser Methode den Boden nicht um! Denn durch das Umgraben graben wir einerseits die schlafenden Samen des Beikrauts nach oben und andererseits schaffen wir ein Massengrab für die Bodenlebewesen, die auf ganz bestimmte Schichten und Zusammensetzungen angewiesen sind. Diese Bodenlebewesen sind unsere Freunde, denn sie erhalten einen gesunden und intakten Untergrund für unser Gemüse.
Mulchen
In der Natur finden wir kaum einen Flecken Erde, der nackt daliegt. Entweder es wächst immer etwas auf dem Boden oder er wird im Winter von Laub und abgestorbenen Pflanzen überdeckt. Mulche deine Beete und Töpfe mit Rasenschnitt, Schafswolle, Holzhackschnitzeln etc. Nicht nur unterdrückt der Mulch das Beikraut und du musst viel weniger jäten, er speichert auch das Wasser und hält den Boden feucht, wodurch du Wasser sparst und kaum giessen musst.
Bodengesundheit
Kompostiere deine Küchen- und Gartenabfälle. Die Komposterde, die du nach einigen Monaten daraus ernten kannst, ist so nährstoffreich! Diesen Kompost kannst du überall in deinen Beeten verwenden. Wie du oben bereits gelesen hast, kannst du ganze Beete damit anlegen.
Es gibt unzählige Varianten, wie du deinen Boden gesund halten kannst. Von Urgesteinsmehl über pflanzliche Präparate zu Hornspänen. Ich muss ehrlich sagen, dass mich dieses Thema auch immer wieder überfordert und ich so meinen Boden kaum dünge. Weil ich jedoch mulche, führe ich dem Boden so auch Nährstoffe zu.
Jedes Jahr setze ich ausserdem eine Brennnesseljauche an. Dabei gibst du Brennnesseln in einen grossen Behälter und füllst diesen mit Wasser auf. Dieses Gemisch lässt du dann mehrere Tage bis Wochen stehen und die daraus entstehende Jauche kannst du dann ins Giesswasser geben. Die Brennnesseljauche ist ein Dünger, der aber auch Schädlinge von deinen Pflanzen fernhält.
In diesem Jahr habe ich auch vor mit Indigenen Mikroorganismen (IMO) zu arbeiten. Dies ist eine Praxis aus der koreanischen natürlichen Landwirtschaft. Dabei erntet man ganz wenig Erde aus einem intakten Waldstück und stellt damit ein homöopathisches Präparat her.
