Ich laufe auf Pfaden, die bereits die Füsse meiner Ahnen kannten. Der Schulweg meines Grossvaters lädt mich ein, bewusstere Schritte durch den Wald zu nehmen. Im Garten erwecke ich die Lebensweise meiner Urgrossmutter wieder, die hier vor vielen Jahrzehnten ihre Hände in die Erde gegraben hat. Und im Wald trete ich in Verbindung mit etwas sehr Ursprünglichem. Ich trete in Verbindung zu diesem Land, das mich mit meinen eigenen Wurzeln verbindet.

Wenn ich von der Verbindung zum Land spreche, dann ist damit nicht der politische Staat gemeint, in dem du lebst, sondern das Fleckchen Erde, auf dem du wohnst. Das Land, auf dem dein Haus steht, auf dem du tagein, tagaus deine Füsse mit dem Boden verankerst.
Damit wir etwas schützen, müssen wir es kennen, schätzen und lieben lernen.
Und ein Weg sich für den Naturschutz zu engagieren, ist ganz im Kleinen zu beginnen. Bei dir selbst, beim Land, auf dem du lebst. Indem du deine Umgebung näher kennenlernst und mit ihr arbeitest, wirst du ganz automatisch die Verbindung zum Land stärken.
Ich bin zu meinen Wurzeln zurückgekehrt, diese Wurzeln müssen jedoch nicht zwingend in deinem Stammbaum sichtbar sein. Die Natur ist unser wichtigstes Familienmitglied und wir ihre Verwandten. Ich sehe diese Wurzeln wie eine Beziehung zu einem Menschen an. Man muss sie pflegen, ihnen Zeit schenken, sich für sie interessieren, damit eine Reziprozität entstehen kann. Denn das Land ist einfach da für uns, es fordert nichts und wir können ein Leben lang auf ihm leben, ohne uns jemals an es zu wenden oder ihm zu danken. Das Land ist gütig, doch glaube ich, dass es unser Leben bereichert, wenn wir ganz bewusst in Kontakt treten.
Im Folgenden teile ich 3 Wege mit dir, wie du dich mit dem Land, auf dem du lebst, tiefer verbinden kannst.
Mit dem Jahreskreis gehen

Damit du "dein" Land wirklich kennst, musst du mit ihm durch den Jahreskreis gehen. Es gibt keinen schnellen Weg, in eine tiefe Verbindung zu treten. Diese Beziehung braucht Zeit, mindestens ein Jahr lang und auch dann gibt es im nächsten Jahresverlauf sicherlich wieder viel Neues zu entdecken. Gehe mit "deinem" Land durchs Jahr. Nimm wahr, wie es ist, wenn im Frühling die ersten Pflanzen ihre Köpfe aus dem Boden strecken. Beobachte, wie die Vögel den Morgen begrüssen und wie sich die Umgebung während des Sommers verändert. Spüre die Energie des Herbstes, wenn sie das Land in goldenes Licht taucht und der Winter ihm schlussendlich alle Farben raubt. Ruhe mit dem Land und wache wieder mit ihm auf.
Ein Weg, dich mit den Jahreszeiten auf deinem Land zu verbinden, ist, immer wieder achtsame und bewusste Rituale auf und mit deinem Land zu gestalten. Dabei könnten dir die keltischen Jahreskreisfeste, die immer noch in abgewandelter Form in der christlichen Kultur dieser Breitengrade zu finden sind, von Hilfe sein. Der keltische Jahreskreis beginnt mit dem keltischen Neujahr an Samhain oder Allerheiligen am 1. November und endet mit Mabon, der Herbst-Tagundnachtgleiche zwischen dem 21. und 23. September. Informiere dich über die verschiedenen Jahreskreisfeste und feiere diese Übergänge der Natur auf und mit deinem Land.
Der keltische Jahreskreis
31. Oktober / 1. November Samhain, Allerseelen
21. Dezember Jul, Wintersonnenwende
1. / 2. Februar Imbolc, Lichtmess
20. – 23. März Ostara, Frühjahrs-Tagundnachtgleiche
30. April / 1. Mai Beltane, Maifest
21. Juni Litha, Sommersonnenwende
1. / 2. August Lughnasad, Brotfest
21. - 23. September Mabon, Herbst-Tagundnachtgleiche
Lerne die Bewohner:innen und die Geschichten kennen

Befasse dich mit der Flora und Fauna "deines" Landes. Mit dessen Geschichte und Folklore.
In meinem Garten wachsen Pflanzen, von denen ich noch nie gehört habe und jedes Jahr lerne ich neue kennen. Mittlerweile weiss ich, wo sich die Hausrotschwänze gerne aufhalten und dass mein Garten ein Paradies für Schnecken ist (mit denen ich übrigens auch eine Verbindung eingehe, denn auch sie haben die Berechtigung hier zu sein, weshalb ich sie nicht töte, sondern liebevoll, aber bestimmt, jeden Abend einsammle und in den Wald bringe).
Lade eine App herunter, mit dem du die Pflanzen in deiner Umgebung bestimmen kannst (z.B. Flora Incognita). Indem wir die Dinge beim Namen nennen können, gehen wir eine tiefere Beziehung zu ihnen ein. Recherchiere im Internet oder in Büchern über die Tiere, die dir auf deinem Land begegnen. Und ja, auch ein winziges, manchmal störendes Insekt, ist es wert, bestimmt und betrachtet zu werden.
Informiere dich ausserdem über die Geschichte deines Ortes. Finde heraus, wer früher hier gewohnt hat, wer das Haus erbaut hat, welchen Berufen die Menschen früher hier nachgingen, welche Ereignisse hier stattgefunden haben. Natürlich ist das nicht immer möglich und so darfst du auch deine Fantasie mit ins Spiel bringen. Vielleicht kannst du zwar nicht in Erfahrung bringen, wer früher auf deinem Land gewohnt hat, aber du kannst dir anhand von Erzählungen über dein Quartier, deine Stadt, dein Dorf vorstellen, wie es hätte sein können.
Eine weitere wunderbare Art deinen Ort kennenzulernen, ist über die Erzählungen, Geschichten, Folklore und Märchen. Vielleicht gibt es ja tatsächlich Märchen über deinen Ort. Über Stierva wird beispielsweise auch heute noch erzählt, dass in einer Höhle eingangs Dorf einmal eine böse Hexe gewohnt haben soll. (Hier erfährst du mehr darüber.) Obwohl ich dieses Märchen als frauenfeindlichen Humbug ansehe, so zeigt es mir doch, wie die Menschen getickt haben und mit welchen Problemen sie konfrontiert waren, da diese Hexe alle bestrafte, die ihr die Bohnen aus dem Garten stibitzten.
Naturnah gärtnern

Und nicht zuletzt möchte ich dir meine liebste Art, meine Verbindung mit dem Land zu stärken, ans Herz legen: Das naturnahe Gärtnern. Bereits der simple Akt deine Hände auf die Erde zu legen, schafft Verbindung. Und dadurch dass du deine Pflanzen hegst und pflegst, vielleicht vom Samen her beim Aufwachsen und bei allen Herausforderungen, die sich ihnen stellen, unter die Arme greifst, trittst du in eine enge Beziehung mit deinem Essen. Du bekommst eine ganz andere Wertschätzung, wenn der Brokkoli, den du über Monate in deinem Garten wachsen gesehen hast, auf deinem Teller landet. Und ausserdem webst du ein Band zwischen dir und "deinem" Land, weil du Zeit in und mit ihm verbringst. Weil du den Bodenlebewesen, den Insekten und sonstigen Tieren ein Zuhause gibst. Weil du mit dem Land arbeitest und achtsamer wirst. Weil du die Veränderungen im Jahresverlauf stärker wahrnimmst. Weil du dem Land etwas zurückgibst, indem du den Boden mit Gemüse und Blumen bebaust, denn der Boden will nicht leer sein. Schau dir nur die Natur an, nirgends liegt die Erde einfach bar da, selbst im Winter nicht. Und weil du mit deinen Händen arbeitest und die Erde berührst. Diesen Punkt erwähne ich gerne zwei Mal, denn nicht nur schafft er, wie gesagt eine Verbindung, die du ja auch beim Streicheln eines Tieres oder beim Umarmen eines Menschen spürst, sondern er hat auch noch andere wohltuende Effekte. In der Erde gibt es nämlich Bakterien, die bei direktem Hautkontakt eine antidepressive Wirkung haben sollen. Es lohnt sich also, sich die Hände mal wieder "dreckig" zu machen.
Und übrigens: Gärtnern geht auch im Herbst und Winter! Für den Boden ist es wichtig, dass immer etwas auf ihm wächst oder zumindest liegt. Mulche also deine Beete und säe Wintergemüse wie Spinat und Feldsalat an!
Gerne erwähne ich hier auch, dass du fürs Gärtnern nicht unbedingt einen Garten brauchst. Auch auf dem Balkon oder auf dem Fenstersims kannst du in Töpfen naturnah gärtnern und so deine Verbindung stärken. Schau mal hier vorbei.
Wie stärkst du deine Verbindung zum Land? Lass mir deine Praktiken in den Kommentaren da!